Anlässlich des 77. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, anlässlich des Shoa legte unser Vorsitzender Jan Bühlbecker gestern an dem Platz, an dem früher die Wattenscheider Synagoge stand, einen Kranz nieder. Hier, war er aus diesen Anlass mit Genoss*innen zusammen gekommen, um zu erinnern und um zu kämpfen.
Jan Bühlbecker: „Wir gedenken den vielen Opfern der Shoa, die auch aus Wattenscheid in die Vernichtungslager deportiert, dort zu Zwangsarbeit gezwungen und ritualisiert ermordet worden sind. Die Shoa ist ein singulärer Zivilsationsbruch, sie war das größte Verbrechen in der Geschichte der Menschheit. Begangen von unseren Vorfahren, unseren Landsleute. Es ist untrennbar auch mit uns allen verbunden. Doch das wir heute hier zusammengekommen sind, um ihrer Opfer zu gedenken, ist ein starkes Signal.
So erinnern wir heute zum Beispiel an Betti Hartmann, eine junge Frau, das jüngste Wattenscheider Opfer der Shoa. Ihr gedenken wir Wattenscheider*innen an jedem Tag, nach ihr haben den Rathausplatz nur wenige Meter von ihr benannt. Doch vor wenigen Jahrzehnten waren es Nachbarinnen von Betti Hartmann, die sie verraten haben, es waren ihre und unsere Landsleute, die sie deportiert und ermordet haben. Deutsche haben ihnen Nummern auf die Unterarme tätowiert. Sie haben haben versucht, Betti Hartmann und viele Millionen anderer Menschen zu entmenschlichen, sie zu Nummern zu machen und so im Vernichtungslager jede Erinnerung an sie auszulöschen.
Das ist ihnen nicht gelungen. Weil wir heute hier stehen und ihnen gedenken. Sie bleiben Menschen und als solche in unserer Erinnerung.
Doch als unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier heute vor zwei Jahren in Yad Vashem, der internationalen Shoa Gedenkstätte in Israel, sprechen durfte, hat er etwas gesagt, was sich mir tief ins Gedächtnis gebracht hat. Ich zitiere: ‚Manchmal scheint es mir, als verstünden wir Deutschen die Vergangenheit besser als die Gegenwart. Die bösen Geister zeigen sich heute in neuem Gewand. Mehr noch: Sie präsentieren ihr antisemitisches, ihr völkisches, ihr autoritäres Denken als Antwort für die Zukunft, als neue Lösung für die Probleme unserer Zeit.‘
Und weiter: ‚Ich wünschte, sagen zu können: Wir Deutsche haben für immer aus der Geschichte gelernt. Aber das kann ich nicht sagen, wenn Hass und Hetze sich ausbreiten. Das kann ich nicht sagen, wenn jüdische Kinder auf dem Schulhof bespuckt werden. Das kann ich nicht sagen, wenn unter dem Deckmantel angeblicher Kritik an israelischer Politik kruder Antisemitismus hervorbricht. Das kann ich nicht sagen, wenn nur eine schwere Holztür verhindert, dass ein Rechtsterrorist an Jom Kippur in einer Synagoge in Halle ein Massaker, ein Blutbad anrichtet.‘ Auch in Wattenscheid erleben wir bis heute immer wieder Antisemitismus, auch wir sind nicht immun gegen menschenfeindliches Gedankengut.
Wir leben zwar in einer anderen Zeit und die Täter*innen von heute agieren auch anders. Aber es ist dasselbe Böse.
Und auch darum legen wir heute hier einen Kranz nieder, um gemeinsam und aus vollem Herzen zu bekennen, was unsere Antwort auf Antisemitismus ist: Nie wieder! Wir wollen ein buntes, ein demokratisches, ein antifaschistisches Wattenscheid und stellen uns all denen in den Weg, die hassen und hetzen, die bedrohen und vergessen! Und wir stehen an der Seite Israels! Lasst uns die Botschaft des heutigen Tages aufnehmen und jedem Tag verbreiten, auf dass nie wieder tatsächlich niemals wieder bedeuten möge.
Hevenu Shalom Alechem. Am Israel Chai!“
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